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Baustellentagebuch

Große Steinstraße

„Spannend ist, wenn etwas entdeckt wird“

Johann Thiele zeigt die Pfeifenköpfe, die auf der STADTBAHN-Baustelle in der Großen Steinstraße gefunden worden sind.  Fotos: Corinne Richert
Johann Thiele zeigt die Pfeifenköpfe, die auf der STADTBAHN-Baustelle in der Großen Steinstraße gefunden worden sind. Fotos: Corinne Richert

Von Corinne Richert

Die STADTBAHN-Baustelle in der Großen Steinstraße ist ein Fest für Archäologen. Dort quert die mittelalterliche Stadtmauer die Baugruben. Fundamente, Artefakte (also von Menschenhand Geschaffenes), hölzerne Wasserleitungen, Scherben, Pfeifenköpfe und anderes mehr wurden bei der baubegleitenden Archäologie gefunden. In Spitzenzeiten sind sechs Archäologen und Grabungshelfer vor Ort, darunter auch Johann Thiele, der seit September 2018 ein „Freiwilliges Soziales Jahr in der Denkmalpflege“ bei der Jugendbauhütte Quedlinburg* leistet.    

Gerade aus dem Fundament der Stadtmauer ausgegraben: Vermutlich ein Kerzenständer.
Gerade aus dem Fundament der Stadtmauer ausgegraben: Vermutlich ein Kerzenständer.

Für den heute 19-Jährigen stand schon seit der 5. Klasse fest: „Ich mache später mal etwas mit Archäologie.“ In der neunten Klasse absolvierte er ein Praktikum bei einem Grabungstechniker. Nun mit dem Abi in der Tasche, ist er ein Jahr freiwillig in der Denkmalpflege tätig, weil er nicht gleich studieren wollte. Dabei schnuppert er in verschiedene Bereiche rein, direkt bei der Grabung in der Großen Steinstraße, in der Restaurierungswerkstatt oder ist mit Bauforschern unterwegs. Zwischendurch stehen sechs Seminarblöcke der FSJ-Jugendbauhütte in Quedlinburg auf dem Programm.

Rund um den Joliot-Curie-Platz lernt er von der Pieke auf die Arbeit der Experten kennen: Mit Kelle, Pinsel und Fotoapparat arbeitet er in den Baugruben mit, die die Bauarbeiter für die Verlegung von Wasserleitungen und anderen Medien zuvor freigelegt haben. „Wir putzen die Mauer frei, nehmen das Profil fotografisch auf, inventarisieren mögliche Fundstücke, beschreiben die Funde und katalogisieren sie“, erklärt Johann. Die Funde werden gewaschen, verpackt und teilweise zur Restaurierung geschickt, wie die hölzernen Wasserleitungen. Für die "Büroarbeiten" nutzen die Archäologen das Baustellenbüro.

Der Fund wird vermessen.
Der Fund wird vermessen.
Der Fund ist markiert und wird danach fotografiert.
Der Fund ist markiert und wird danach fotografiert.

Die Arbeit sei sehr abwechslungsreich und am spannendsten natürlich, wenn etwas entdeckt wird, sagt Johann. Etwas ganz Besonderes für ihn seien die Funde der Tonpfeifenköpfe mit Stiel und Halle-Wappen, die Torwächter im Bereich des ehemaligen Steintores fallen ließen. „Da wird die Vergangenheit lebendig“, sagt der junge Mann. Beeindruckend fand er auch, als die 40 Meter lange Stadtmauer endlich freigeputzt vor ihnen stand. 

Fazit nach einem halben Jahr Praktikum: „Ich bleibe auf jeden Fall bei meinem Studienwunsch“, so der FSJ-ler. Der intensive Einblick in die Arbeit habe den Wunsch nur noch mehr bestärkt und ihm einen besseren Überblick verschafft. Das „Problem“ sei nur, ihn faszinieren alle archäologischen Epochen, „jede hat ihren Reiz!“

Die Funde werden nach dem Waschen beschrieben und inventarisiert.
Die Funde werden nach dem Waschen beschrieben und inventarisiert.
In den Kisten sind unterschiedliche Gesteinsschichten. Jeder farbige Punkt hat eine andere Bedeutung.
In den Kisten sind unterschiedliche Gesteinsschichten. Jeder farbige Punkt hat eine andere Bedeutung.

*Info: Die Jugendbauhütte Quedlinburg ist ein Projekt der Deutschen Stiftung Denkmalschutz in Trägerschaft der ijgd, gefördert durch das Kultusministerium des Landes Sachsen-Anhalt, den Europäischen Sozialfond sowie das Kinder- und Jugendplanprogramm „Freiwillige Soziale Dienste“ der Bundesrepublik Deutschland.  

11.03.2019