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Busnamensgeberinnen und -geber – Kurzbiografie

Georg Friedrich Händel

Georg Friedrich Händel
Georg Friedrich Händel

KOMPONIST UND MUSIKER VON WELTRUF

23. Februar 1685, Halle (Saale) – 14. April 1759, London

Da der kleine Georg Friedrich Händel schon sehr früh musikalisches Talent zeigte, wurde er schon als Kind vom damals berühmtesten Musiker in Halle, Friedrich Wilhelm Zachow, ausgebildet. Bereits im Kindesalter begann Händel Kantaten zu komponieren. Im Februar 1702 immatrikulierte er sich an der Universität in Halle, um ein Studium, wahrscheinlich der Rechtswissenschaften bei Christian Thomasius, zu beginnen, der als Erster Vorlesungen in deutscher Sprache und nicht in Latein hielt. Gleichzeitig übernahm Händel im März 1702 die Stelle als Organist am Halleschen Dom für ein Probejahr. 1705 wurde seine erste Oper Almira in Hamburg mit sehr großem Erfolg uraufgeführt. Ab etwa 1740 widmete sich Händel zunehmend der Komposition von Oratorien. Unter den 22 Werken dieser Gattung ist auch der Messias. Der berühmteste Chor dieses Oratoriums ist das Halleluja. Es gehört zu den meistaufgeführten Stücken der Musikliteratur.

ÜBRIGENS:
Die Melodie des Uhrenschlages des Roten Turmes in Halle entspricht exakt der des Clock Towers des House Of Parliament in London, dessen größte Glocke besser unter der Bezeichnung Big Ben bekannt ist. Das Grundmotiv der Melodie wurde angeblich der Arie I Know That My Redeemer Liveth aus dem Messias entnommen.

August Hermann Francke

August Hermann Francke
Porträt August Hermann Franckes vom preußischen Hofmaler Antoine Pesne, 1725

THEOLOGE, PÄDAGOGE UND GRÜNDER DER FRANCKESCHEN STIFTUNGEN

22. März 1663, Lübeck – 8. Juni 1727, Halle (Saale)

August Hermann Francke gilt als der bedeutendste Vertreter des Pietismus, der wichtigsten Reformbewegung zwischen Reformation und Aufklärung. 1691 berief der Kurfürst Friedrich III. von Brandenburg Francke als Professor an die neue Friedrichs-Universität und als Pfarrer nach Glaucha, direkt vor den Toren der Salzstadt Halle. Hier gründete er Anstalten, die ihn und Halle weltweit bekannt machten. Zunächst unterrichtete Francke Waisenkinder in seinem Pfarrhaus. Dann gründete er Schulen für alle sozialen Schichten und beiderlei Geschlecht. Am 13. Juli 1698 legte er den Grundstein für das Waisenhaus als Hauptgebäude einer ganzen Schulstadt. In 50 Jahren intensiver Bautätigkeit entstanden Schul-, Wohn- und Wirtschaftsgebäude mit Verlag, Druckerei, Buchhandlung, Apotheke, Krankenhaus, Bibliothek und Gärten. Francke setzt die moderne Idee um, soziale Missstände durch Bildung zu beheben. Seine Initiativen fanden weltweites Echo und wirken bis heute fort. Die Motivation für sein Werk brachte Francke am Portal des Waisenhauses für alle sichtbar an: Die auf den Herrn harren kriegen neue Kraft, daß sie auffahren mit Flügeln wie Adler. (Jes 40,31)

ÜBRIGENS:
In den Franckeschen Stiftungen ist die europaweit einzige original erhaltene barocke Wunderkammer zu sehen. Die faszinierende Sammlung war als Lehrsammlung gegründet worden, um den Unterricht in Franckes Schulstadt praktischer und anschaulicher zu gestalteten. Privatleute, Wissenschaftler und Missionare hatten die Objekte aus allen Teilen der Welt zu Anschauungszwecken nach Halle geschickt.

Dorothea Christiana Erxleben

Dorothea Christiana Erxleben
Dorothea Christiana Erxleben

ÄRZTIN

13. November 1715, Quedlinburg – 13. Juni 1762, Quedlinburg

Dorothea Christiana Erxleben war die Tochter des Arztes Christian Polykarp Leporin. Das begabte Mädchen zeigte außergewöhnliche geistige Fähigkeiten und Interesse für naturwissenschaftliche Studien. Ihr Vater unterwies sie in Naturwissenschaften und gemeinsam mit ihrem Bruder in praktischer und theoretischer Medizin. Trotz ihres breiten medizinischen Wissens blieb ihr der Zugang zur Universität zunächst verwehrt. Daraufhin wandte sich Dorothea Christiana Erxleben mit einem Gesuch an den König und wurde 1741 zum Studium zugelassen. Da sie inzwischen den verwitweten Diakon Johann Christian Erxleben geheiratet hatte, nahm sie das königliche Privileg vorerst nicht in Anspruch. Sie erzog die fünf Kinder ihres Mannes und hatte mit ihm noch vier Eigene. Am 12. Juni 1754 erwarb sie den deutschen Doktortitel in Medizin und damit das Recht, als Ärztin praktizieren zu dürfen. Neben ihrer Tätigkeit als Hausfrau und Mutter führte sie nach dem Tod ihres Vaters dessen Praxis bis zu ihrem Tod 1762 als Ärztin in Quedlinburg weiter.

ÜBRIGENS:
Es sollte noch über 100 Jahre bis nach dem Tod der Medizinerin Erxleben dauern, bis Frauen im Deutschen Reich offiziell zu den Staatsprüfungen der Medizin, Zahnmedizin und Pharmazie zugelassen wurden. Erst am 20. April 1899 war dies der Fall. Medizinstudentinnen an den Universitäten von Preußen wurden sogar erst 1908/09 zugelassen.

Martin Luther

Martin Luther
Martin Luther

URHEBER DER REFORMATION

10. November 1483, Eisleben – 18. Februar 1546, Eisleben

Martin Luther war der theologische Urheber der Reformation. 1510 reiste der Augustinermönch Martin Luther, der fünf Jahre zuvor diesem Bettelorden beigetreten war, erstmals nach Halle an der Saale, um seinen Ordensbruder Johannes Nathin zu treffen und mit ihm im Auftrag des Erfurter Konvents nach Rom zu reisen. Nach dem Thesenanschlag 1517 in Wittenberg, mit dem Luther seine Kritik am schwunghaften Ablasshandel formulierte, hielt sich der Reformator ein Jahr später ein weiteres Mal in der Saalestadt Halle auf, um gegen die Ablassgeschäfte Kardinal Albrechts von Brandenburg (1490 – 1545) aufzutreten. Der mächtige Kirchenfürst residierte von 1513 bis 1541 in Halle. Zwei Jahre nach Luthers Thesenanschlag im nahen Wittenberg wurde Kardinal Albrecht schließlich zum römischen Kurienkardinal erhoben. Damit wurde Halle schon bald zu einer katholischen „Trutzburg“ im zunehmend protestantischen Mitteldeutschland. 1541 verließ Kardinal Albrecht Halle und Luthers Freund Justus Jonas hielt am Karfreitag in der Marktkirche die erste reformatorische Predigt in Halle. Kurz vor seinem Tod im Jahr 1546 predigte Martin Luther ein letztes Mal in der Marienkirche in Halle und wohnte im „Goldenen Schlösschen“ in der heutigen Schmeerstraße. Wenige Wochen später starb Luther in seiner Geburtsstadt Eisleben.

ÜBRIGENS:
Als Luthers Leichnam von Eisleben nach Wittenberg überführt wurde, wurde dieser für eine Nacht in der halleschen Marienkirche aufgebahrt. Diese Zeit nutzte man, um eine Totenmaske und einen Abdruck seiner Hände anzufertigen. Totenmaske und Handabdruck befinden sich in der Markt- kirche „Unser Lieben Frauen“ und können besichtigt werden.

Robert Franz

Robert Franz
Robert Franz

KOMPONIST UND DIRIGENT

28. Juni 1815, Halle (Saale) – 24. Oktober 1892, Halle (Saale)

Robert Franz, eigentlich Robert Franz Julius Knauth, besuchte ab 1828 in seiner Heimatstadt Halle die Latina der Franckeschen Stiftungen. Hier fiel er als musikalisch begabt auf. Von 1835 bis 1837 studierte er in Dessau Komposition bei Friedrich Schneider und kehrte danach nach Halle zurück. 1841 wurde Robert Franz Organist an der Ulrichskirche, 1842 Dirigent der Singakademie Halle und 1859 Universitätsmusikdirektor der Universität Halle. Er hat als Leiter der später nach ihm benannten Singakademie mit eigenen Bearbeitungen Händelscher Oratorien große Verdienste um die Etablierung der Werke Georg Friedrich Händels in Deutschland erworben.

ÜBRIGENS:
Robert Franz wurde im Jahr 1885 zu Händels 200. Geburtstag zum halleschen Ehrenbürger ernannt und erhielt im Jahr 1903 ein eigenes Denkmal. Dieses befindet sich am halleschen Universitätsring.

Joseph von Eichendorff

Joseph von Eichendorff
Joseph von Eichendorff

LYRIKER UND SCHRIFTSTELLER

10. März 1788, auf Schloß Lubowitz bei Ratibor (Oberschlesien) – 26. November 1857, Neisse (Schlesien)

Joseph Karl Benedikt Freiherr von Eichendorff entstammte einer katholischen Adelsfamilie und verbrachte seine Jugend auf Schloss Lubowitz bei Ratibor (heute Racibórz in Polen). Am 30. April 1805 kam Eichendorff für insgesamt drei Semester nach Halle, um an der Friedrichs-Universität Jura zu studieren. Daneben besuchte er auch Vorlesungen über Philologie, Philosophie und Psychologie. Die Rückkehr nach Halle im Herbst 1806, nach einem Ferienaufenthalt in der Heimat, wurde durch die Besetzung der Stadt und die Auflösung der Universität durch Napoleon vereitelt. Erst 1855, zwei Jahre vor seinem Tod, besuchte Eichendorff von Köthen aus noch einmal die Stadt Halle.

ÜBRIGENS:
In dem am Ende seines Lebens gefertigten autobiographischen Text „Halle und Heidelberg“ schildert Eichendorff diese beiden Orte als Quellen der romantischen Ideen, die sein Leben als Dichter und Schriftsteller bestimmten. Hier nimmt er auch sein 1841 entstandenes bekanntes Gedicht „Bei Halle“ wieder auf.

Peter David Krukenberg

Peter David Krukenberg
Peter David Krukenberg

ARZT (PATHOLOGE)

14. Februar 1787, Königslutter – 13. Dezember 1865, Halle (Saale)

Peter David Krukenberg absolvierte seinen Schulabschluss in Braunschweig und studierte ab 1808 Medizin an der Universität Göttingen. Nach seiner Promotion 1811 wechselte er an die Universität Berlin. Dort traf er auf seinen Lehrer Johann Christian Reil, der großen Einfluss auf ihn ausübte. Krukenberg war verheitatet mit Emilie Auguste Reil (1793–1881), einer Tochter seines Lehrers Johann Christian Reil. Ab 1814 war er außerordentlicher Professor der Universität Halle und provisorischer Leiter der Klinik, deren Ausbau er vorantrieb. Auf seine Initiative wurden die Fächer Chirurgie, Gynäkologie und Psychiatrie in die klinische Ausbildung an der Universität integriert, wodurch Halle zum Muster für andere deutsche Universitäten wurde. Peter David Krukenberg eröffnete in seinem Privathaus, in der Brüderstraße 5, eine ambulatorische Klinik, in der Studenten praktische Erfahrungen im medizinischen Alltag sammeln konnten. Die Klinik sollte in erster Linie die gesundheitliche Versorgung armer Bürger sichern.

ÜBRIGENS:
Peter David Krukenberg und seine Frau Emilie Auguste erbten von Johann Christian Reil ein Anwesen am Schafberg in Giebichenstein. Dieses nutzten sie als Sommersitz hielten den schönen Park für Wanderer offen. Später erfuhr die „Reilsche Villa“ bauliche Veränderungen. 1901 eröffnete auf dem Gelände der hallesche Bergzoo.

Christian Thomasius

Christian Thomasius
Christian Thomasius

JURIST UND PHILOSOPH

1. Januar 1655, Leipzig – 23. September 1728, Halle (Saale)

Christian Thomasius war ein überragender Jurist und Philosoph. Er setzte sich für eine humane Strafordnung getreu den Prinzipien der Aufklärung ein und gilt daher auch als Pionier der Frühaufklärung in Deutschland. Sein Wirken trug maßgeblich zur Abschaffung der Folter sowie der Hexenprozesse bei. Christian Thomasius studierte in Leipzig und später in Frankfurt Rechtswissenschaften und schloss 1679 sein Jurastudium erfolgreich mit seiner Promotion ab. Im April 1690 wurde Thomasius zum Kurfürstlichen Rat ernannt. Er hielt juristische und philosophische Vorlesungen an der Ritterakademie in Halle und wurde so zum Gründungsmitglied der Juristischen Fakultät der Friedrichs-Universität Halle, die auf wesentliches Betreiben Thomasius‘ von Kurfürst Friedrich III. von Brandenburg gestiftet und am 11. Juli 1694 in der Ratswaage am Halleschen Marktplatz feierlich eröffnet wurde. Er schaffte dort Latein als Unterrichtssprache ab und plädierte für die jeweilige Landessprache. Unter seinem Einfluss erhielt die Stadt Halle die modernste Universität des Deutschen Reiches.

ÜBRIGENS:
Als Christian Thomasius am 23. September 1728 starb, fand er seine letzte Ruhe auf dem halleschen Stadtgottesacker. Noch heute kann sein Grab besichtigt werden. Es befindet sich im Grabbogen 10, welcher in den letzten Jahren aufwendig saniert wurde.

Julius Kühn

Julius Kühn
Julius Kühn

BEGRÜNDER DER LANDWIRTSCHAFTSWISSENSCHAFTEN

23. Oktober 1825, Pulsnitz – 14. April 1910, Halle (Saale)

Julius Kühn gilt als einer der Wegbereiter der Entwicklung der Landwirtschaft zur Agrarwissenschaft. Unter seiner Federführung als ordentlicher Professor an der Universität Halle wurde das Landwirtschaftsstudium erstmals an einer deutschen Universität etabliert. Darüber hinaus entstand in Halle ein im 19. Jahrhundert weltweit einmaliges landwirtschaftliches Forschungszentrum. Nach seiner Ausbildung an der Königlichen technischen Bildungsanstalt zu Dresden sammelte Julius Kühn ab 1841 praktische landwirtschaftliche Erfahrungen im väterlichen Betrieb. Aufgrund seiner umfassenden theoretischen und praktischen Kenntnisse wurde Kühn schon in jungen Jahren als Leiter in großen Agrarbetrieben angestellt. Bereits in dieser Zeit veröffentlichte Kühn Werke, die auf eine enorme Begeisterung stießen und seinen wissenschaftlichen Ruf begründeten. Kühn promovierte 1857 an der Universität Leipzig und folgte 1862 seiner Berufung als Professor für Landwirtschaft an die Universität Halle. Hier erhielt er 1863 die Genehmigung, ein landwirtschaftliches Universitätsinstitut zu gründen, welches er in den nachfolgenden 40 Jahren zur bedeutendsten agrarwissenschaftlichen Lehr- und Forschungsstätte Deutschlands ausbaute. Weltweite Beachtung fanden der von Kühn angelegte „Haustiergarten“ und die daraus resultierende haustierkundliche Sammlung. Die mehr als 1000 Tiere, bestehend aus 130 Tierarten, waren lebend auf dem Gelände zwischen der Ludwig-Wucherer-Straße, der Adam-Kuckhoff-Straße und der Emil-Abderhalden-Straße untergebracht. Die Sammlung umfasst rund 6000 Exponate. Die Mitgliedschaft in der Deutschen Akademie der Naturforscher „Leopoldina“ ist ein Beweis des Stellenwerts seiner Arbeiten.

ÜBRIGENS:
Der von Julius Kühn im Jahr 1878 begonnene Dauerfeldversuch „Ewiger Roggen“ auf einem Feld in der von ihm benannten Straße in Halle wird noch heute weitergeführt. Mittlerweile steht dieser längste Dauerfeldversuch Deutschlands unter behördlichem Schutz als Kulturdenkmal. Bei diesem Versuch wird eine rund 600 m2 große Parzelle im Herbst jährlich mit Winterroggen bestellt. Über die Jahre hinweg wurden und werden unterschiedliche Systeme des Nährstoff- und Humusersatzes in langen Versuchsreihen verglichen.

Georg Cantor

Georg Cantor
Georg Cantor

MATHEMATIKER

3. März 1845, Sankt Petersburg – 6. Januar 1918, Halle (Saale)

Georg Ferdinand Ludwig Philipp Cantor wuchs religiös geprägt in Sankt Petersburg auf und siedelte mit seiner Familie im Alter von elf Jahren nach Wiesbaden und später nach Frankfurt am Main über. Seinen Schulabschluss absolvierte Georg Cantor 1860 mit Auszeichnung und studierte später an den Universitäten Zürich und Göttingen. 1867 promovierte er in Berlin. Im Anschluss kam Georg Cantor nach Halle (Saale), wo er bis zu seinem Lebensende blieb. Hier arbeitete er zunächst als Privatdozent, folgte 1877 aber seiner Berufung als ordentlicher Professor an der Universität Halle. Georg Cantor gilt als Begründer der Mengenlehre und lieferte somit wichtige Beiträge zur modernen Mathematik.

ÜBRIGENS:
Noch heute beeinflusst Georg Cantor das Leben in Halle (Saale). In der halleschen Torstraße befindet sich das vielfach ausgezeichnete Georg-Cantor-Gymnasium. Dieses legt in Anbetracht seines Namensgebers den Fokus auf mathematisch-naturwissenschaftliche Fächer.

Nickel Hoffmann

Nickel Hoffmann
Bildnis Nickel Hoffmann auf dem Stadtgottesacker in Halle (Saale). Die Gedenktafel ist auf der Rückseite des Eingangstores zu finden.

STEINMETZ, BILDHAUER UND RATSBAUMEISTER

um 1510 – um 1592

Nickel Hoffmann zählt zu den bedeutenden Meistern zwischen Spätgotik und Renaissance im mitteldeutschen Raum. Er nahm die 1542/43 unterbrochenen Arbeiten an der Marktkirche zu Halle (Saale) wieder auf. Die Kirche wurde unter seiner Leitung bis 1554 fertiggestellt. Unter anderem baute er ab 1557 die Anlage des Stadtgottesackers. Dieser wurde auf dem Martinsberg vor den Toren der Stadt als Pestfriedhof genutzt. Als die Stadt aus hygienischen Gründen dazu überging die innerstädtischen Friedhöfe an den Kirchen außerhalb der Stadtmauern zu verlegen, wählte man diesen Ort als städtischen Begräbnisplatz. Nickel Hoffmann entwarf eine Friedhofsanlage im Stile eines italienischen Campo Santo mit 94 Grüften, die von einer reich verzierten Schwibbogenarchitektur umrahmt sind. Es ist der einzige so gut erhaltene Friedhof dieser Art nördlich der Alpen. Die Schwibbögen zieren florale Rankenmotive, mit Grotesken, Tierdarstellungen und Bibelzitaten. Bedeutende Persönlichkeiten der Stadt Halle fanden hier ihre letzte Ruhestätte.

ÜBRIGENS:
Nickel Hoffmann hat sein Wirken an der südlichen Empore der Marktkirche dokumentiert. Hier zeigt eine Inschrift „DVRCH GOTES HVLF HAB ICH NICKEL HOFMAN DISEN BAW IM 1554 VOLENDET“.

Wilhelm Friedemann Bach

Wilhelm Friedemann Bach
Wilhelm Friedemann Bach

KOMPONIST

22. November 1710, Weimar – 1. Juli 1784, Berlin

Wilhelm Friedemann Bach war der älteste Sohn des weltberühmten Johann Sebastian Bach. Er war als Musikdirektor und Organist an der Marktkirche Halle (Saale) beschäftigt und begleitete gelegentlich das Ensemble des Stadtsingechors und der Stadtpfeifer als Chorleiter. Der als „Hallescher Bach“ bekannt gewordene Musiker komponierte während seiner Anstellung an der Marktkirche etliche Kirchenkantaten. Das Talent seines Vaters färbte auf ihn ab, weshalb er auch als der größte Orgelspieler nach Johann Sebastian Bach galt. Infolge seines „eigensinnigen Charakters“ und seines ausgeprägten Selbstbewusstseins – dahinter steckte der Stolz einer Musikerdynastie – hielt ihm das Kirchenkollegium „ungebührliches Betragen“ vor. Schon als 22-Jähriger beschrieb ihn ein Freund als „etwas affektierten Elegant“. 1764 gab Wilhelm Friedemann Bach sein Amt in Halle auf und versuchte fortan seine Frau, Dorothea Elisabeth Georgi, sowie seine Tochter, Friederica Sophia, als freischaffender Musiker zu ernähren. Er blieb zunächst in Halle und komponierte verschiedene Stücke für das Klavier, außer Polonaisen auch Sonaten und Fantasien. Im Jahr 1770 verließ er die Saalestadt samt seiner Familie und gab Konzerte unter anderem in Göttingen, Braunschweig, Wolfenbüttel und Berlin. Er erhielt viel Anerkennung als Orgelgenie, und so nutzte er seinen guten Ruf auf andere Weise. Er ging auf Tournee: Wien, St. Petersburg und vermutlich auch London! Dies brachte ihm anscheinend keinen großen Ertrag, wie aus einem Brief von ihm an den Biografen seines Vaters hervorging. Wilhelm Friedemann Bach starb in ärmlichen Verhältnissen in seiner Wohnung in Berlin. Seine mittellose Witwe wurde im Jahr darauf mit Einnahmen aus einer Aufführung des Messias von Georg Friedrich Händel unterstützt.

ÜBRIGENS:
Seit 2012 ist das Wilhelm-Friedemann-Bach-Haus nach umfangreichen Sanierungsarbeiten wieder für das Publikum geöffnet. Das legendäre Baudenkmal zählt zu den bedeutendsten Renaissancehäusern der Saalestadt. In diesem Haus wohnte ab spätestens 1763 bis 1770 der bedeutendste Orgelvirtuose seiner Zeit.

Hans-Dietrich Genscher

Portrait Hans-Dietrich Genscher
Hans-Dietrich Genscher

POLITIKER UND ANWALT

21. März 1927, Reideburg bei Halle (Saale) – 31. März 2016, Wachtberg

Hans-Dietrich Genscher besuchte ab Frühjahr 1933 die städtische Volksschule und wechselte im April 1937 auf die damalige Friedrich-Nietzsche-Oberschule in der Friesenstraße (heute als Johann-Gottfried-Herder-Gymnasium bekannt). Nach Kriegsende nahm Hans-Dietrich Genscher ein Studium der Rechtswissenschaften und Volkswirtschaftslehre an der Universität Halle auf.

Genscher wurde immer deutlicher, dass es in der Deutschen Demokratischen Republik für ihn keine Perspektiven gab. Auf Dauer wollte er seine politische Auffassung nicht verbergen müssen, daher verließ er im August 1952 als getarnter Urlaubsreisender die DDR erst nach West-Berlin, dann in Richtung Bremen. Hier trat er in die Freie Demokratische Partei (FDP) ein, in der er seine aktive politische Karriere startete. Insgesamt 23 Jahre lang war er Bundesminister sowie Vizekanzler. 1992 wurde Genscher zum Ehrenvorsitzenden der FDP ernannt. 2000 wurde er Geschäftsführender Gesellschafter der Hans-Dietrich Genscher Consult GmbH zur Beratung, Information und Analysen in internationalen, europäischen und außenwirtschaftlichen Fragen. Obwohl der Politiker sich weiterhin kritisch in der öffentlichen Debatte zu Wort meldet, kandidierte er nicht mehr für ein politisches Amt.

Hans-Dietrich Genscher stand für eine aktive Ausgleichspolitik zwischen Ost und West und setzte sich für eine Entspannung des Verhältnisses zur Sowjetunion (UdSSR), für ein Zusammenwachsen der Europäischen Gemeinschaft sowie für die Wiedervereinigung Deutschlands ein.

ÜBRIGENS:
Das Geburtshaus von Hans-Dietrich Genscher in der Schönnewitzer Straße 9a in Reideburg ist die Heimstätte der im Jahr 2010 eröffneten Bildungs- und Begegnungsstätte „Deutsche Einheit“ und der im Dezember 2012 eröffneten Dauerausstellung „Einheit in Freiheit“.

Johann Christian Reil

Portrait Johann Christian Reil
Johann Christian Reil

MEDIZINER

20. Februar 1759, Rhaude – 22. November 1813, Halle (Saale)

Johann Christian Reil wurde als Sohn eines Pfarrers im ostfriesischen Rhaude geboren. Er studierte in Göttingen und Halle Medizin. Hier fiel er durch große Begabung auf und promovierte 1782 zum Doktor der Medizin und Chirurgie. 1787 übernahm er eine außerordentliche Professur der Medizin an der Universität Halle und wurde schließlich 1788 ordentlicher Professor der Therapie und ein Jahr später Amtsarzt von Halle sowie Direktor des klinischen Instituts. Damit unterstand ihm die allgemeine Gesundheitspflege und Hygiene in der Stadt, das städtische Lazarett sowie die Armenpraxis. Er selbst hatte auch eine Privatpraxis und absolvierte ein breit gefächertes Vorlesungsprogramm an der Universität.

Am 15.10.1788 heiratete er Johanna Wilhelmine Leveaux eine Tochter aus einer angesehenen hugenottischen Familie, mit der er zwei Söhne und vier Töchter hatte. Für seine Verdienste um die Medizin schenkte ihm im Jahr 1803 der preußische König Wilhelm III. den spitzen Weinberg. Reil ließ diesen 130 Meter hohen Berg (heute Reilsberg) durch den Wörlitzer Gärtner Schoch umgestalten und am Fuße eine stattliche Villa errichten (heute Reilstraße 54).

Reil profilierte sich nicht nur als Arzt, Hochschullehrer, Hirnanatom und Philosoph, sondern auch als Förderer des Badewesens. Er engagierte sich für die Errichtung einer Kurbadeanstalt, die 1809 unterhalb des Domplatzes eröffnet wurde. Zu Reils Konzept mit Parks und Salons gehörte auch ein Theaterbetrieb, den er 1811 in der Kirche des ehemaligen Barfüßerklosters am Standort des heutigen Löwengebäudes gründete. Zu den vielen Kurgästen aus ganz Deutschland gehörten unter anderen Johann Wolfgang von Goethe, der Reil hoch schätzte, und der Märchensammler Wilhelm Grimm. Für die Theatereröffnung verfasste Goethe den „Prolog für Halle“. Reils noch heute anhaltende Bekanntheit bezieht sich auf seine Pionierarbeit im Bereich der Psychosomatik, der medizinisch fundierten Psychologie. Er gilt heute als Begründer des Wortes „Psychiatrie“.

In der Zeit der Befreiungskriege, durch die die französische Vorherrschaft unter Napoleon Bonaparte über große Teile des europäischen Kontinents beendet wurde, übernahm er Anfang Oktober 1813 die Leitung der Militärhospitäler in Leipzig und Halle. Dort erlebte er die Völkerschlacht bei Leipzig vom 16. bis zum 18.10.1813, deren 30.000 Verwundete kaum ausreichend versorgt werden konnten. Er selbst erkrankte an Typhus und reiste bereits im Fieber zurück nach Halle, wo er am 22.11.1813 morgens gegen zwei Uhr im Alter von 54 Jahren im Haus seiner Schwester in der Großen Ulrichstraße verstarb. Zwei Tage später wurde er auf seinem Berg – dem Reilsberg – unter großer Anteilnahme der Bevölkerung beigesetzt..

ÜBRIGENS:
Noch heute ist die Bedeutung Reils für die Stadt Halle (Saale) präsent: Reileck, Reilstraße, Reilshof, Reilschule, Reilapotheke und Poli Reil erinnern an seine Verdienste und prägen das Stadtbild noch heute.

Johann Reinhold Forster

Portrait Johann Reinhold Forster
Johann Reinhold Forster, Kupferstich von Johann Friedrich Bause

WELTUMSEGLER, ENTDECKER UND NATURWISSENSCHAFTLER

22. Oktober 1729, Dirschau (Preußen, heute Polen) – 9. Dezember 1798, Halle (Saale)

Johann Reinhold Forster, ein Sohn schottischer Vorfahren, lebte zunächst in der Region um Danzig und besuchte später das Joachimsthalsche Gymnasium in Berlin. Forster galt bereits in jungen Jahren als sprachbegabt. Er beherrschte unter anderem Deutsch und Latein, Französisch, Polnisch, Russisch, Englisch, Koptisch und Samaritanisch fließend.

Forster studierte von 1748 bis 1751 an der Friedrich-Universität in Halle Theologie. Diese Ausbildung war ein Kompromiss, denn entgegen der Familientradition wollte Forster Medizin studieren, Forsters Vater hingegen sah ein Studium der Rechtswissenschaften für ihn vor. Nach Beendigung seines Studiums trat er eine Stelle als Prediger in Nassenhuber bei Danzig an und siedelte samt Familie in die neue Heimat über.

1765 erhielt Forster einen Untersuchungsauftrag der Großfürstin und späteren Kaiserin Katharina II., das Gebiet um Saratow in Russland, welches für deutsche Kolonien vorgesehen war, auf Entwicklungsmöglichkeiten zu prüfen. Im Anschluss nahm er eine Professur in Warrington, England, an. Am 13. Juli 1772 stachen Johann Reinhold Forster und Sohn Georg auf James Cooks Seglern „Resolution“ und „Adventure“ zusammen mit weiteren 119 Begleitern in See. Auf der zweiten Cookschen Weltumsegelung führten beide Forsters getrennt voneinander wissenschaftliche Tagebücher über die naturwissenschaftlichen Ereignisse und Ergebnisse der Expedition. Eine Veröffentlichung der Reiseaufzeichnungen nach seiner Rückkehr wurde seitens der Admiralität unterbunden, so dass sich Forster veranlasst sah, einen Reisebericht von seinem Sohn anfertigen zu lassen.

Forster hatte stets Geldsorgen. Besonders seine Frau und die sechs weiteren Kinder hatten darunter zu leiden. Mit Hilfe seines Sohnes konnte Forster 1780 eine geeignete Stelle antreten: Mit der Übernahme der Professur für Naturgeschichte und Mineralogie an der Universität Halle wurde Johann R. Forster aus seinen finanziellen Nöten gerettet. Vater und Sohn Forster wurden nach ihrer Reise und den daraus resultierenden Veröffentlichungen in ganz Europa bekannt und als Experten in allen Fragen, die die südliche Erdhalbkugel betrafen, von Gesellschaft und Wissenschaft geachtet.

ÜBRIGENS:
Forster erlangte große Verdienste um den Botanischen Garten, indem er ihn durch seinen vielfältigen und weltweiten Kontakt mit Samen und Pflanzen versorgte. Ihm oblag auf königliche Order hin von 1781 bis 1788 die Oberaufsicht über die Anlage. Forster hat auf seiner Reise ca. 250 Tier- und Pflanzenarten bestimmt, von denen 25 heute seinen Namen in ihrem Namen tragen.

Christoph Semler

Portrait Christoph Semler
Christoph Semler

THEOLOGE, ASTRONOM UND PÄDAGOGE

2. Oktober 1669, in Neumarkt vor Halle (Saale) – 8. oder 9. März 1740, Halle (Saale)

Christoph Semler wurde in Neumarkt vor Halle geboren. Neumarkt gehörte als eigenständige Stadt zum Saalkreis des Erzstifts Magdeburg und zählt heute zur nördlichen Innenstadt.

Bereits in der Kindheit zeigte er großes Interesse an Mechanik und Mathematik. Schon als kleiner Junge soll Christoph Semler mit erstaunlicher Geduld eine Uhr auseinander genommen und wieder zusammengesetzt haben. Später konstruierte er in seinem Haus ein Uhrensystem, wodurch in jedem Zimmer die gleiche Zeit angezeigt wurde. Das blieb keineswegs die einzige bemerkenswerte Erfindung. Er entwickelte ein Schiff mit Windmühlenantrieb, einen Energiespar-Ofen, einen Pflug, der gleichzeitig pflügen, eggen und säen konnte, und weitere originelle Dinge.

Durch den „Großen Kometen“, der um den Jahreswechsel 1680/1681 auch am Tage mit dem bloßen Auge gesehen werden konnte, gewann auch Astronomie für ihn an Bedeutung. Bereits als Zwölfjähriger soll er die Namen aller Sterne am Himmel gekannt haben.

Im Jahr 1681 starben seine Eltern, Großeltern und Geschwister an der Pest. Semler blieb allein als Vollwaise zurück. Nach dem Besuch des Stadtgymnasiums im Barfüßer Kloster, am Standort des heutigen Löwengebäudes, nahm er ein Studium der Theologie und Philosophie erst in Leipzig, später in Jena auf. Zur Einweihung der Friedrichs-Universität in Halle im Jahr 1694 kam er hierher zurück und erlangte 1697 die Magisterwürde. Im Anschluss arbeitete er zunächst als Pfarrer am städtischen Hospital und der Moritzkirche, 1708 als Oberdiakon der Ulrichskirche.

Im Jahr 1701 heiratete er Dorothea Küchmeister, mit der er 22 Kinder hatte, von denen jedoch 16 s tarben. 1708 gründete er in seinem Haus die erste deutsche Realschule mit mathematisch-mechanischem Schwerpunkt. Die Schule bestand nur wenige Jahre. Aber auch danach wirkte Semler als Privatlehrer.

Semlers großes Engagement übte weiten Einfluss auf Halle aus. Er prägte durch seine Ideen das Bild der Stadt, unter anderem entwarf er einen Plan zur Stiftung des Almosenamtes, gründete die erste Prediger-Witwenkasse. Als bei Winterglätte die Totenträger einen Sarg hatten fallen lassen, so dass die Leiche herausfiel, konstruierte er den ersten Leichenwagen der Saalestadt. Auch die Versorgung der Bürger lag ihm am Herzen. So hatte er Versuche gestartet, Datteln, Zuckerrohr und Baumwolle in den hiesigen Breitengraden heimisch zu machen.

ÜBRIGENS:
Semlers Talent, Dinge zu konstruieren, beschäftigte ihn sein ganzes Leben. Ein großes Weltensystem, was er für seine Schule baute, ist noch heute in der Naturalienkammer der Franckeschen Stiftungen ausgestellt. Außerdem tüftelte er 30 Jahre lang an einem Perpetuum mobile.
Von Semlers Arbeiten in der Astronomie ist sein 1731 in Halle erschienener Sternatlas Coelum Stellatum bekannt, in dem die Sterne und Sternbilder erstmals auf schwarzem Grund abgebildet werden.

Richard Paulick

Portrait Richard Paulick
Richard Paulick

ARCHITEKT

7. November 1903, Roßlau (Elbe) – 4. März 1979, Berlin

Richard Paulick hat Architekturgeschichte geschrieben. Sein Wirken in der Weimarer Republik, im chinesischen Exil und im geteilten Deutschland zeichnet sich insbesondere durch die Vielzahl der verwendeten Stile aus.

Paulick ging nach dem Schulbesuch in Dessau zum Architekturstudium nach Dresden und Berlin. Bereits 1925, in der Funktion als „Stadtbilderklärer und Landschaftsführer“ in Dessau, knüpfte er erste Kontakte zu den gerade in der Stadt angekommenen Bauhäuslern und arbeitete als freier Mitarbeiter im Baubüro von Walter Gropius. Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten verließ Richard Paulick Deutschland und damit auch sein 1930 in Berlin eröffnetes eigenes Architekturbüro.

Während seines Exils in China wurde er als Professor an die „Saint John’s University Shanghai“ berufen. Daneben betreute er als Leiter des Stadtplanungsamtes in Shanghai ab 1945 den Gesamtbebauungsplan der Metropole. Er gründete zwei Architekturbüros, eines davon zusammen mit seinem Bruder namens „Paulick and Paulick, Architect and Civil Engineers“.

Nach seiner Rückkehr im Jahr 1950 avancierte er zu einem der bedeutendsten Staatsarchitekten der noch jungen DDR. Er war maßgeblich am Wiederaufbau Dresdens und Berlins beteiligt. Mitunter war er für die Großbaustelle Stalinallee in Berlin verantwortlich. Einen besonderen Platz in den architektonischen Geschichtsbüchern gebührt Paulick in seiner Position als Chefarchitekt der „sozialistischen Städte“ Hoyerswerda, Schwedt/Oder und insbesondere Halle-Neustadt.

Die städtebauliche Gesamtplanung für Halle-Neustadt wurde im Wesentlichen von ihm entwickelt. Dazu gehörten die Wohnkomplexe I–IV einschließlich Reserveflächen, Stadtzentrum, Bildungszentrum und ein Industriekomplex.

ÜBRIGENS:
Paulick ging für seine Projekte ungewöhnliche Wege. So stellte er sein Team bewusst aus erfahrenen Architekten und jungen Menschen zusammen, um deren Elan zu nutzen. Außerdem suchte er für die Planung von Halle-Neustadt den Austausch mit Soziologen, um die Stadt vollends auf die Bedürfnisse der Menschen ausrichten zu können.

Lyonel Feininger

MALER, GRAFIKER UND KARIKATURIST

17. Juli 1871, New York – 13. Januar 1956, New York

Léonell (Lyonel) Feininger gilt als einer der wichtigsten Künstler der Moderne in Deutschland. Sein Leben und Werk sind eng mit Mitteldeutschland und der Stadt Halle (Saale) verbunden.
Er wird als Sohn eines deutschstämmigen Musikerpaares, einer Sängerin und eines Geigers, in New York geboren.

Im Alter von 16 Jahren reist er nach Deutschland, um in Leipzig seine musikalische Ausbildung fortzusetzen. Doch stattdessen schreibt er sich mit Erlaubnis der Eltern in der Zeichenklasse der Allgemeinen Gewerbeschule in Hamburg ein.

In den folgenden Jahren besucht er an der Königlichen Akademie in Berlin die Malklasse von Ernst Hancke und die Privatschule des deutschen Porträt- und Genremalers Adolf Schlabitz, führt sein Studium an der Berliner Akademie der Künste fort, studiert in Paris im Atelier des italienischen Bildhauers Filippo Colarossi. Die Sommermonate verbringt er regelmäßig an der Ostsee.

Im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts zählt Feininger zu den profiliertesten Karikaturisten in Deutschland. 1916 präsentiert er zusammen mit Conrad Felixmüller seine Werke in der Berliner Galerie „Der Sturm“, wo ihm im Folgejahr seine erste Einzelausstellung ausgerichtet wird. Im Jahr 1919 wird er von Walter Gropius zum ersten Bauhaus-Meister nach Weimar berufen, 1926 übersiedelt er, bedingt durch den Umzug des Bauhauses, mit seiner Familie von Weimar nach Dessau und bezieht dort eines der berühmten Meisterhäuser. 1937 verlassen Lyonel Feininger und seine Frau Julia das nationalsozialistische Deutschland in Richtung USA. Dort lehrt Feininger im Rahmen von Sommerkursen am Mills College in Oakland und am Black Mountain College in North Carolina. Der Künstler lebt und arbeitet in New York. Die Sommerzeit verbringt er zumeist in Connecticut oder  Massachusetts.

Feininger hatte fünf Kinder – zwei Töchter aus erster Ehe und drei Söhne zusammen mit seiner zweiten Frau Julia.

Auf Empfehlung des damaligen Direktors des Kunstmuseums Moritzburg Halle (Saale), Alois Schardt, und im Auftrag des Regierungspräsidiums fertigt Feininger von 1929–1931 elf großformatige Gemälde zu Motiven der Saalestadt an, vorbereitet durch Zeichnungen, Skizzen und Fotografien. Den einzigartigen Gemäldezyklus kauft die Stadt 1931 für ihr Museum an. 1937 wird dieser durch die Nationalsozialisten als „entartete Kunst“ beschlagnahmt. Nach dem Zweiten Weltkrieg kehren mit „Marienkirche mit dem Pfeil“ (1930) und „Der Dom zu Halle“ (1931) zwei Gemälde wieder in das Museum zurück. 2009 gelingt der Rückkauf des „Roten Turms I“ (1930). Seitdem werden die drei Gemälde zusammen mit Vorarbeiten auf der Feininger-Empore im Westflügel des Kunstmuseums Moritzburg Halle (Saale) dauerhaft präsentiert.

ÜBRIGENS:
Kunstbegeisterte können die Originalschauplätze zu Feiningers Halle-Gemälde besichtigen. Dank der Initiative der Freunde und Förderer des Kunstmuseums Moritzburg Halle (Saale) e. V. wurden im Stadtgebiet an den historischen Orten Informationsstelen aufgestellt, u. a. an der Großen Klausstraße zum „Roten Turm I“ und am Mühlberg zum Motiv der „Bölbergasse“.

Johanna Charlotte Unzer

Porträt von Johanna Charlotte Unzer
Johanna Charlotte Unzer

DICHTERIN UND PHILOSOPHIN

27. November 1725, Halle (Saale) - 29. Januar 1782, Altona

Johanna Charlotte Unzer war eine anerkannte Dichterin und eine der wenigen deutschen Philosophinnen ihrer Zeit. Sie wurde als jüngste Tochter des bekannten Organisten und Musikdirektors der  Ulrichskriche Johann Gotthilf Ziegler (1688–1747) in Halle geboren.
Ihr Vater war neben Händel einer der Schüler des berühmten Organisten der Marktkirche Friedrich Wilhelm Zachow.

Im Jahr 1751 heirateten Sie den Mediziner Johannes August Unzer und veröffentlichte im gleichen Jahr ihr Werk „Grundriss einer Weltweisheit für das Frauenzimmer“. Bezeichnend für die damalige Zeit erschien es unter dem Namen ihres Onkels Johann Gottlob Krüger. Sie wollte die philosophischen Inhalte und Weltweisheiten für ihre Geschlechtsgenossinnen mit ihrem Werk verständlicher machen und möglichst viele Leserinnen erreichen, um die Bildung der Frauen zu fördern.

Neben den philosophischen Texten veröffentlichte Sie auch Gedichtbände und wurde zum Ehrenmitglied der Deutschen Gesellschaften in Helmstedt und Göttingen ernannt.

Im Jahre 1753 empfing sie aus den Händen ihres Onkels, der damals Prorektor in Helmstedt war, den begehrten Lorbeerkranz einer „Kayserlich gekrönten Dichterin“.

ÜBRIGENS:
Unzer gehörte der philosophischen Strömung der Wolffianer an. Das waren Anhänger des bedeutenden rationalistischen Philosophen Christian Wolffs in der Zeit der Aufklärung. Sie prägte damit die wolffianische Frauenphilosophie.

Peter Sodann

Porträt von Peter Sodann
Peter Sodann (c) Frank Schwarz

SCHAUSPIELER, REGISSEUR UND THEATERINTENDANT

1. Juni 1936, Meißen - 05. April 2024, Halle (Saale)

Peter Sodann wuchs in Weinböhla bei Dresden auf und absolvierte eine Lehre als Werkzeugmacher. Im Jahr 1959 begann er ein Studium an der Theaterhochschule Leipzig. Dort leitete er das Kabarett „Rat der Spötter“, welches 1961 aufgelöst wurde. Wegen staatsfeindlicher Hetze wurde Sodann verhaftet, vom Schauspielstudium relegiert und zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Das Strafmaß wurde später in eine Bewährungsstrafe umgewandelt.

Sein erstes Engagement führte ihn 1964 an das Berliner Ensemble zu Helene Weigel. Nach Tätigkeiten an den Bühnen von Erfurt, Chemnitz und Magdeburg kam Peter Sodann 1980 als Schauspieldirektor des Landestheaters nach Halle. Unter seiner Leitung entstand ab 1980 aus einem alten Kinosaal ein Schauspielhaus, das „Neue Theater“, dessen Intendant er bis 2005 war. Im selben Jahr ernannte die Stadt Halle Peter Sodann zum Ehrenbürger.
Nach der Wende wurde daraus die Kulturinsel mitten im Herzen von Halle - ein Ensemble aus Theater mit mehreren Spielstätten, einer Galerie, einer Bibliothek, einem Literatur-Café und einer Theaterkneipe. Von 1991 bis 2007 spielte er mit großem Erfolg den Tatort-Kommissar Bruno Ehrlicher und wurde dadurch bundesweit bekannt.

ÜBRIGENS:
Seit 1990 sammelt Peter Sodann Bücher, die zwischen 1945 und 1990 in den Verlagen der ehemaligen DDR erschienen sind. Die Peter-Sodann-Bibliothek mit ca. 4 Millionen Büchern ist in der Gemeinde Staucha/Sachsen zu finden und kann besucht werden. 

Ludwig Wucherer

Porträt von Ludwig Wucherer
Porträt von Ludwig Wucherer, von Theodor Neu, 1840

KAUFMANN

30. Mai 1790, Halle (Saale) - 15. Dezember 1861, Halle (Saale)

Matthäus Ludwig Wucherer war der Sohn einer schwäbischen Predigerfamilie. Sein unternehmerisch erfolgreicher Vater war Kammerrat und betrieb eine große Golgasfabrik (Flanelldruckerei).

Bereits ab dem fünften Lebensjahr besuchte Ludwig die Privatschule des damaligen Direktors der Franckeschen Stiftungen August Hermann Niemeyer. Er interessierte sich für medizinische Themen und wurde dabei durch den Einfluss seines Onkels und Taufpaten Philipp Meckel unterstützt. Nach dem unerwarteten Tod seines älteren Bruders 1802 musste er seine Interessen zu Gunsten einer Ausbildung zum Kaufmann aufgeben. Im Jahr 1810 übernahm er die Leitung des seit dem Tod des Vaters 1804 von der Mutter verwalteten Geschäftes. Doch bevor er sich auf seine kaufmännische Tätigkeit konzentrieren konnte, trat er in die preußische Armee ein. Im Herbst 1815 kehrte er nach Halle zurück und widmete sich der kaufmännischen Leitung seiner Fabrik. Am 22. Mai 1817 heiratete er seine Frau Emilie, mit der er bis zu ihrem Tod in einer glücklichen kinderlosen Ehe lebte. Nach seiner Rückkehr begann er, für das Gemeinwohl seiner Stadt zu sorgen. Seit 1817 wirkte er als Mitglied einer Kommission mit, der es oblag, die Kriegsschulden der Saalestadt zu tilgen und engagierte sich in unzähligen Bereichen, um den Wohlstand seiner Stadt zu verbessern. Oberbürgermeister Streiber berief ihn im Jahr 1818 als unbesoldeten Stadtrat in den Magistrat. Im Jahr 1822 übernahm er den Posten eines besoldeten Kämmerers.

Als sein Lebenswerk, das die Situation unserer Stadt bis in die heutige Zeit bestimmt, kann sein Kampf um den Eisenbahnanschluss Halles gesehen werden. Dass Halle 1840 Hauptstation der ersten mitteldeutschen Eisenbahnlinie wurde, ist ihm zu verdanken.

ÜBRIGENS:
Ludwig Wucherer unterstützte aktiv das hallesche Kunstleben. So geht die Errichtung des Händeldenkmals im Jahr 1859 auf seine Initiative zurück.

Friedrich Wilhelm Zachow

Reichel-Orgel
Die Reichel-Orgel wurde 1663 bis 1664 erbaut und ist somit die älteste Orgel Mitteldeutschlands. Sie befindet sich auf der Ostempore der halleschen Marktkirche.

KOMPONIST UND ORGANIST

~14. November 1663, Leipzig - 7. August 1712, Halle (Saale)

Friedrich Wilhelm Zachow zählte zu seinen Lebzeiten zu den renommiertesten Komponisten. Er war der erste Sohn des Leipziger Geigers Heinrich Zachow und dessen zweiter Frau Elisabeth Maune.

Früh erkannten seine Eltern das musikalische Talent von Friedrich Wilhelm und förderten ihn. Mit 10 Jahren beherrschte er die Violine und die Blasinstrumente der in der Thomaskirche und in der Nikolaikirche tätigen Musiker ­– den Stadtpfeifern und auch die Oboe, das Cembalo und die Orgel. Die erste musikalische Unterweisung bekam Friedrich Wilhelm vermutlich vom Organisten der Thomaskirche, Gerhard Preisensin.

Sein Vater wurde Ende 1675 zum Stadtpfeifer in Eilenburg ernannt. Dort vervollkommnete Zachow seine allgemeine Schul- und Musikbildung. Möglicherweise erhielt er Orgelunterricht von Johann Hildebrandt und wurde von den Kantoren Johann Schelle sowie Basilius Petritz gefördert.

Am 11. August 1684 wurde der zwanzigjährige Zachow zum Organisten und Musikdirektor der halleschen Marktkirche berufen. Mit dieser Stellung übernahm er die musikalische Gesatltung der Gottesdienste und die Leitung des halleschen Stadtsingechores, sowie der Stadtmusikanten und die Direktion des städtischen Chorus Musicus. Außerdem erteilte er talentierten Kindern Musikunterricht. Zu seinen Schülern gehörten die späteren Musiker und Komponisten Gottfried Kirchhoff, Johann Krieger, Johann Gotthilf Ziegler und – um 1692 – einer der schaffensreichsten und berühmtesten Komponistender Geschichte, Georg Friedrich Händel.

Zudem komponierte Zachow 32 Kirchenkantaten sowie ca. 50 Orgelkompositionen. Er hinterließ Vokalwerke in vielfältigen formalen und musikalischen Prägungen der protestantischen Kirchenkantate.

Am 7. August 1712 verstarb Wilhelm Zachow an einem Schlaganfall und seine Stelle wurde an der Marktkirche durch seinen Schüler Gottfried Kirchhoff besetzt.

ÜBRGENS:
In der halleschen Marktkirche „Unser lieben Frauen“ finden regelmäßig Konzerte statt, bei denen auf der historischen Reichel-Orgel aus dem Jahr 1664 gespielt wird. Auf dieser spielte schon der junge Händel während seines Unterrichts bei Friedrich Wilhelm Zachow.

Carl Loewe

Porträt von Carl Loewe
Carl Loewe

KOMPONIST

30. November 1796, Lobejün - 20. April 1869, Kiel

Carl Loewe gilt als der bedeutendste deutsche Balladenmeister. Er komponiert unter anderem den „Erlkönig“ und „Der Zauberlehrling“, die bis heute noch populär sind.

Von seinen Eltern dem Kantor und Organisten Andreas Loewe und dessen Frau Marie erhielt er früh eine musische Erziehung. Seine prägendste Ausbildungszeit verbrachte er in Halle. Zunächst war er Schüler an den Franckeschen Stiftungen dank eines Stipendiums des Königs Jérôme Bonaparte und sang im Stadtsingechor unter Daniel Gottlob Türk. Musikalisch gefördert wurde er auf Empfehlung seines Lehrers auch durch Johann Friedrich Reichardt, der ihn zu einem hervorragenden Tenorsänger ausbildete.

Im Jahr 1817 begann er Theologie an der Universität Halle zu studieren. Im öffentlichen Musikleben Halles bewährte sich Loewe als ein Tenor bei Aufführungen der Singakademie unter der Leitung Johann Friedrich Naues. In den halleschen Jahren schrieb er fast fünfzig Kompositionen.

Nach dem Studium ließ sich Loewe 1820 in Berlin von Carl Friedrich Zelter hinsichtlich seiner Befähigung zum Kirchen- und Schulmusiker prüfen und wurde in Stettin Kantor und Organist an der Jakobikirche. Ab 1821 war Loewe nur zugleich als Gymnasiallehrer und städtischer Musikdirektor 46 Jahre lang tätig.

Im Jahr 1821 heiratete er in Halle Julie von Jakob, Tochter des Halleschen Universitätskanzlers Ludwig Heinrich von Jakob. Sie verstarb 1823 nach der Geburt des Sohnes Julian. 1825 heiratete Loewe erneut, aus dieser Ehe entstammen vier Töchter. Die älteste erhielt bewusst den Rufnamen seiner ersten großen Liebe Julie.

Loewe hatte in seiner Zeit einen guten Ruf als Dirigent, Pianist und auch als Konzertsänger. Er wurde Ehrendoktor der Universität Greifswald und 1837 Mitglied der Berliner Akademie der Künste.

Nachdem er von einem schweren Schlaganfall 1864 wieder genesen war, musste er 1866 nach Aufforderung des Stettiner Magistrats seinen Abschied nehmen. Seine letzten Lebensjahre verbrachte er bei seiner ältesten Tochter Julie in Kiel. Diese bemühte sich, die Werke ihres Vaters für die Nachwelt zu erhalten.

ÜBRIGENS:
Um seine Verbundenheit zu Stettin und zu seiner Orgel „Cecille“  zu zeigen, verfügte er testamentarisch, dass sein Herz in eines der beiden Orgelpfeiler in der Jakobkirche beigesetzt wird.

Christian Wolff

Porträt von Christian Wolff
Kupferstich von Christian Wolff, von Johann Georg Wille 18. Jahrhundert

JURIST, MATHEMATIKER, PHYSIKER UND PHILOSOPH

24. Januar 1679, Breslau - 9. April 1754, Halle (Saale)

Christian Wolff ist der Begründer der deutschen Hochaufklärung des 19. Jahrhunderts. Auf dem evangelischen Magdalenen-Gymnasium in Breslau erwarb er einen großen Teil seines theologischen Wissens. Dort kam er mit der Philosophie in Berührung und eignete sich im Selbststudium Kenntnisse der Mathematik an. Im Herbst 1699 begann er ein Studium an der Universität Jena. Zu seinen Studienfächern zählten Mathematik, Physik, Astronomie, Philosophie, Theologie und Jura. Bereits Anfang 1702 legte er in Leipzig das Magisterexamen ab, setzte sein Studium aber noch bis Ende 1702 in Jena fort. Mit seiner Dissertation über die praktische Philosophie nach mathematischer Methode, erwarb er 1703 die philosophische Lehrbefugnis. Bis 1706 hielt er in Leipzig als Privatdozent Vorlesungen über Mathematik, Physik, Philosophie und Theologie. Auf Empfehlung des Philosophen Gottfried Wilhelm Leibniz ging er nach Halle (Saale) und wurde Professor an der Universität Halle. Zunächst hielt er nur Vorlesungen in Mathematik, ab 1709 auch in Physik und später in Philosophie mit den Schwerpunkten der Logik, Metaphysik und Moral.

Mit Wolff begann gewissermaßen die deutsche Philosophie, denn er bediente sich in dem auf Modernität bedachten Halle, dem dortigen Brauch folgend, der deutschen Sprache. Dementsprechend verfasste er auch seine wichtigsten philosophischen Schriften auf Deutsch.

Sein philosophisches Denken der Aufklärung verschaffte Wolff viel Ruhm und Anerkennung weit über Preußen hinaus. Dies bewirkte, dass seine pietistischen Gegner ihn des Atheismus beschuldigten. Ende 1723 musste er sein Amt aufgeben und die Stadt Halle (Saale) auf Befehl des preußischen Königs Friedrich Wilhelms I. verlassen. Im Jahr 1740 ließ Friedrich der Große Wolff wieder zurück rufen. Zwei Jahre später wurde er Kanzler der Universität Halle (Saale). Am 9. April 1754 starb Christian Wolff in Halle (Saale). Der Verbleib seines Grabes ist bis heute nicht gänzlich geklärt.

ÜBRIGENS:
Christian Wolff wohnte in der Großen Märkerstraße 10. Wer auf seinen Spuren wandeln möchte, kann das Wolff-Zimmer, das mit einem prächtigen Kamin und einer einzigartigen Bildtapete der Barockzeit ausgestattet ist, besuchen.

J. Christoph von Dreyhaupt

J. Christoph von Dreyhaupt
Porträt J. Christoph von Dreyhaupt

JURIST UND HISTORIKER

20. April 1699, Halle (Saale) - 13. Dezember 1768, Halle (Saale)

Johann Christoph von Dreyhaupt war Sohn eines Kaufmanns. Dieser wollte, dass er in seine Fußstapfen tritt und den Beruf des Kaufmanns erlernt. Dreyhaupt konnte sich jedoch durchsetzen und begann 1718 Rechtswissenschaften an der Friedrichs-Universität in Halle zu studieren. In Folge wurde er nach Abschluss des Studiums 1725 zum „ordentlichen Advokaten“ im Saalkreis berufen und im selben Jahr zum königlich-preußischen Kommissionsrat. Während seines Studiums hatte er begonnen Gerichtsakten zu sammeln, um die Rechtsprechung für die eigene Urteilsfindung zu nutzen.

Diese hat er 1729 unter dem Namen „Trivultio“ veröffentlicht. Dreyhaupt interessierte sich auch für Naturwissenschaften, so legte er zum Beispiel eine kostbare Sammlung aus Pflanzen, Fossilien und Mineralien an. Darüber hinaus befand sich eine große Sammlung zeitgenössischer und antiker Münzen in Dreyhaupts Besitz.

1731 wurde er wegen seiner außergewöhnlichen Fähigkeiten und Tüchtigkeit zum königlich-preußischen Regierungs-, Kriegs-, Domänen- und Konsistorialrat (ähnl. einem Verwaltungsbeamten) im Herzogtum Magdeburg und zum Schultheißen (heute Gemeindevorsteher) und Salzgrafen von Halle ernannt. Aufgrund seiner Arbeit erhielt er den Titel eines Geheimrates und wurde in den Reichsadelsstand erhoben. Seine Freizeit verbrachte er mit der Ahnenforschung, Wappenkunde und Geschichte.

Das Ergebnis veröffentliche er 1749/50 unter großem Aufwand unter dem Titel „Die diplomatisch-historische Beschreibung des Saalkreises und der Stadt Halle“. In seinem Werk bringt Dreyhaupt dem Leser die politischen Ereignisse, deren Ursachen sowie Auswirkungen, die Entwicklung des Handels und der Wirtschaft, den weltlichen und geistlichen Wandel in Halle und dem Saalkreis, von Kirche, Schule und Universität näher. Der Druck seines Werkes bedeutete für ihn den finanziellen Ruin, so dass er mit der Angst vor Pfändung seines Vermögens leben musste und seine Sammlungen nach seinem Tod verkauft und in alle Richtungen verstreut wurden.

ÜBRIGENS:
Der Gasthof „Zum Güldenen Stern“ am Kleiner Berlin Nr. 3 ist das Geburtshaus von Johann Christoph von Dreyhaupt und der Namensgeber der Sternstraße.

Friedrich Hoffmann

Friedrich Hoffmann
Porträt von Fridrich Hoffmann

MEDIZINER

19. Februar 1660, Halle (Saale) - 12. November 1742, Halle (Saale) 

Friedrich Hoffmann stammt aus einer Apothekerfamilie, die seit dem späten 16. Jahrhundert in Halle (Saale) ansässig gewesen ist. Sein Vater, der selbst Arzt war, hat ihn privat unterrichtet und an die Medizin herangeführt, indem er ihn an anatomischen und chemischen Vorlesungen im elterlichen Haus teilnehmen ließ.

Im Alter von 15 Jahren verlor Hoffmann seine Eltern durch eine Krankheit. Er wurde von einem Onkel aufgenommen und durfte drei Jahre das hallesche Gymnasium besuchen. Zum Studium ging er nach Jena und Erfurt. Er besuchte mathematische und medizinische Vorlesungen und schloss sein Studium mit der Promotion in Medizin im Jahr 1681 ab. Anschließend lehrte Hoffmann an der medizinischen Fakultät in Jena, erhielt dann eine Anstellung als Arzt, Garnisonsarzt, Hofarzt und Landphysikus (heute Amtsarzt) in Minden. Während dieser Zeit unternahm er durch England und Holland eine Studienreise.

1687 wurde er nach Halberstadt als Landphysikus berufen und machte sich einen Namen im brandenburgischen Dienst. Im Harzer Bergbaustädtchen Zellerfeld heiratete er 1689 Anna Dorothea Herstell, Tochter eines Apothekers. Das Paar hatte sechs Kinder, von denen jedoch nur zwei überlebten.

Der Kurfürst von Brandenburg ernannte Hoffmann 1693 zum ersten Professor der praktischen Medizin und Physik der neu gegründeten Friedrichs-Universität in Halle. Durch seine Arbeit machte Hoffmann die Medizinische Fakultät in Halle zu einer der führenden Ausbildungsstätten ihrer Zeit. Von der internationalen Anerkennung zeugen Mitgliedschaften in mehreren Akademien. Hoffmann gründete in der Zeit die Universitätsbibliothek, entwarf die  Statuten sowie das Siegel der medizinischen Fakultät und setzte sich für die Ausbildung der Studenten direkt am Krankenbett ein.

ÜBRIGENS:

Nach Friedrich Hoffmann wurden die gleichnamigen Hoffmannstropfen benannt. Diese können auch heute noch bei Schwächeanfällen, Nervenschmerzen und starkem Erbrechen angewendet werden.

Paul Thiersch

Paul Thiersch
Porträt von Paul Thiersch

ARCHITEKT

02. Mai 1879, München - 15. November 1928, Hannover

Paul Thiersch wurde in eine akademische Familie bestehend aus Architekten, Künstlern und Wissenschaftlern hineingeboren. Nach seinem Schulabschluss war er kurze Zeit als Maurer tätig, begann dann aber eine künstlerische Ausbildung am Technikum in Winterthur und der Gewerbeschule in Basel. An der Technischen Hochschule in München studierte er von 1901 bis 1904. Mit seinem eigenen Architekturbüro machte sich Thiersch 1909 in Berlin selbstständig. Zuvor war er im Münchener Stadtbauamt, einem Atelier in Düsseldorf und in Berlin beschäftigt. Nebenher unterrichtete er in Berlin Architekturzeichnen.

Auf Empfehlung wurde Thiersch am 1. Juli 1915 als Direktor der Handwerkerschule nach Halle berufen. Nach dem Vorbild des Deutschen Werkbundes reformierte er diese zu einer modernen praxisorientierten Schule. Er richtete Fachklassen für Architektur und Raumausstattung ein. Im Auftrag der Stadt Halle gestaltete er das Treppenhaus des neu erbauten Landesmuseums für Vorgeschichte in Halle. Zusammen mit Wilhelm Jost baute Thiersch ab 1921 die Unterburg der Burg Giebichenstein für die Schule aus.

Noch heute befinden sich dort Ateliers der Kunsthochschule. Für die Burg konnte er engagierte Lehre gewinnen, so dass sie unter seiner Leitung zu den führenden Kunstschulen in Deutschland gehörte. Von 1921 bis 1926 leitete Thiersch das Städtische Museum für Kunst und Kunstgewerbe in der Moritzburg und erwarb 24 expressionistische Werke der Sammlung von Rosy Fischer mit Werken von Emil Nolde, Franz Marc und Oskar Kokoschka, die bis heute das Museum prägen. Am Neubau der Kröllwitzer Brücke sowie am Bauprojekt Flughafen Halle-Leipzig, von dem nur die Flugzeughalle umgesetzt wurde, war Thierisch beteiligt. Er nahm an einem Wettbewerb zur Schaffung der Stadtkrone, einem Kulturzentrum in Halle, welches nie realisiert wurde, teil. In der Hoffnung endlich bauen zu dürfen, wechselte Paul Thiersch 1928 an die Technische Hochschule Hannover. Dort verstarb er noch im selben Jahr.

ÜBRIGENS:
Um seine Leistungen für die Stadt Halle zu würdigen, wurde eine Straße in der südlichen Neustadt nach Paul Thiersch benannt.

Felicitas von Selmenitz

REFORMATORIN

1488 - 1. Mai 1558, Halle (Saale)

Felicitas von Selmenitz wurde 1488 in das thüringische Adelsgeschlecht der Münchs geboren. Über ihre Kindheit und Jugend ist wenig bekannt. Erwäh findet sie im Jahr 1507 durch ihre Hochzeit mit Wolf von Selmenitz auf Schloss Allstedt. In der Ehe wurden sieben Kinder geboren, von denen jedoch nur der zweitgeborene Georg überlebte. Nach Halle siedelte die Familie 1509 über. Wolf von Selmenitz kaufte einen Hof in der Amtsstadt Glaucha.

Nachdem ihr Mann im Jahr 1519 durch einen erzbischöflichen Marschall erstochen wurde, führte Felicitas den Hof in der Nähe der Georgenkirche, deren Kaplan Thomas Müntzer und Vertrauens von Felicitas war, weiter. Von ihrem Sohn lernte sie im Alter von 35 Jahren das Lesen und durch ihren Schwager Sebastian von Selmenitz und Thomas Müntzer erhielt sie Zugang zu den Schriften der Wittenberger Reformatoren, woraufhin sie die Bibel studierte.

Dies veranlasste sie zum Wechsel ihrer Konfession. Sie war damit eine der frühesten Anhängerinnen der Reformation in Halle. Als offene Verfechterin der Reformation forderte Kardinal Albrecht sie 1528 auf, dieser abzuschwören oder die Stadt Halle zu verlassen. Daraufhin begleitete sie ihren Sohn zum Studium und ließ sich in Wittenberg nieder.

Sie gehörte fortan zur Tischrunde Martin Luthers, pflegte einen engen Briefkontakt mit ihm und erlangte damit Bekanntheit. Dort traf sie auch auf die Reformatoren Philipp Melanchthon, Justus Jonas, Johannes Bugenhagen und Caspar Cruciger. Als Witwe war Felicitas an ihren Sohn und dessen Lebensweg gebunden. So folgte sie ihm nach Jena, Zerbst und Magdeburg. Erst 1547 kehrte sie in das inzwischen reformierte Halle zurück. Felicitas von Selmenitz starb am 1. Mai 1558 in Halle.

ÜBRIGENS:
Martin Luther schenkte Felicitas von Selmenitz im Jahr 1534 eine Bibel mit der Widmung „Der Erbarn tugentsamen frawen Felicitas von Selmenitz meiner Lieben gevatterin D. Martinus Luther“. Diese wurde bis in die dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts am Reformationstag in der Marktkirche zu Halle genutzt. Aufbewahrt wird sie heute in der Marienbibliothek in Halle.

Richard von Volkmann

Richard von Volkmann
Porträt Richard von Volkmann

CHIRURG, HOCHSCHULLEHRER UND LITERAT

17. August 1830, Leipzig - 28. November 1889, Jena

Richard von Volkmann wurde am 17. August 1830 als Sohn des Arztes Alfred Wilhelm Volkmann und der Verlegertochter Adele Härtel in Leipzig geboren. In seiner Kindheit besuchte er die Schule der Franckeschen Stiftungen in Halle. Trotz Volkmanns Leidenschaft für die Literatur und der Kunst studierte er auf Wunsch seines Vaters ab 1850 Medizin. In Berlin promovierte er 1854 mit einer Arbeit „Über den Lungenbrand“. Nach seiner Habilitation 1857 ließ sich Volkmann als Arzt in Halle nieder. Im Jahr 1858 heiratete er Anna von Schlechtendal, die Tochter des Direktors des Botanischen Gartens in Halle. Aus dieser Ehe gingen elf Kinder hervor.

Als Begründer der modernen wissenschaftlichen Orthopädie zählt sein Beitrag für das erste deutsche „Handbuch der allgemeinen und speciellen Chirurgie“. Er führte als erster deutscher Arzt die antisepti sche Wundbehandlung ein. Dadurch stiegen die Überlebenschancen nach Operationen deutlich an. Diese Methode verbreitete er europaweit, womit er die hallesche Universitätsklinik bekannt machte. 1879 eröffnete er den Neubau der Chirurgischen Klinik in der heutigen Magdeburger Straße. Wegen seiner Verdienste wurde Volkmann 1882 zum Ehrenbürger der Stadt Halle ernannt und 1885 von Kaiser Wilhelm I. geadelt. Seine letzten Lebensjahre waren von Krankheit geprägt. Dennoch führte er bis zu seinem Tod Operationen durch, hielt Vorlesungen und ging seiner wissenschaftlichen Tätigkeit nach.

ÜBRIGENS:
Unter dem Pseudonym Richard Leander betätigte sich Volkmann literarisch. Zu seinen wichtigsten Werken zählt die Märchensammlung „Träumereien an französischen Kaminen“, welche er während des Krieges gegen Frankreich als Briefe für seine Frau und Kinder schrieb. Kurz vor seinem Tod veröffentlichte er eine Sammlung von altfranzösischen Gesängen „Alte und neue Troubadour-Lieder“.

Anselma Heine

Anselma Heine
Fotografie Anselma Heines von Eduard Frankl, 1908

SCHRIFTSTELLERIN

18. Juni 1855, Bonn - 09. November 1930, Berlin

Anselma Heine wurde als Tochter des Mathematikers Eduard Heine geboren. Sie zog mit ihrer Familie nach Halle, nachdem ihr Vater 1856 an der dortigen Universität eine Professur angenommen hatte. Anselma Heine war bereits in ihrer Kindheit literarisch interessiert. Schon mit fünf Jahren konnte sie lesen und mit acht Jahren verfasste sie eigene Gedichte und Erzählungen. Im Jahr 1896, nach dem Erfolg ihres ersten Erzählbandes, verließ Anselma Heine Halle und zog nach Berlin. Dort fand sie schnell Anschluss und unterhielt zeitweise einen literarischen Salon in ihrer Wohnung. Bis 1923 erschienen 13 Werke, überwiegend Novellen und Romane, wobei sie zunächst unter dem männlichen Pseudonym „Feodor Helm“, später auch als „Anselm Heine“ publizierte. In ihren Texten thematisierte sie als Sympathisantin der Frauenbewegung vorrangig weibliche Themen.

1926, wenige Jahre vor ihrem Tod, erschien unter dem Titel „Mein Rundgang“ ihr letztes großes Werk. Es enthält viele Erinnerungen, unter anderem über ihre Kindheit und Jugend in Halle. Das Grab von Anselma Heine befindet sich auf dem Stadtgottesacker.

ÜBRIGENS:
Das damalige Wohnhaus von Anselma Heine in der Luisenstraße 1 existiert noch und befindet sich im Nördlichen Innenstadtviertel. Es wurde 1864/1865 im Stil des Klassizismus erbaut und steht heute unter Denkmalschutz.

Richard Robert Rive

Richard Robert Rive
Richard Robert Rive, um 1910 Foto: Sammlung Stadtarchiv

JURIST UND BÜRGERMEISTER

26. Dezember 1864, Neapel - 23. November 1947, Halle

Richard Robert Rive wurde 1864 als Sohn eines Kaufmanns in Neapel geboren. Rive kam nach dem Tod seines Vaters nach Breslau und studierte ebenda Rechtswissenschaften. Nachdem Rive das zweite juristische Staatsexamen absolviert hatte, wurde er 1893 zum Gerichtsassessor in Breslau ernannt. Als Rive 1906 zum ersten Bürgermeister der aufstrebenden Industrie- und Universitätsstadt Halle wurde, sah er sich mit einer jungen Großstadt konfrontiert, deren Bevölkerung sich in den letzten 30 Jahren fast verdreifacht hatte. Im Vergleich zu Breslau war die Verwaltung der Stadt Halle chaotisch. Hier setzte der damals 42-jährige Rive an. Sein Motto lautete: „Großstädtisch handeln - großstädtisch verwalten“.

Während seiner Amtszeit veränderte Richard Robert Rive die Stadt nachhaltig. So bewirkte er unter anderem eine Modernisierung der Stadtverwaltung und ließ den Ratshof als modernes Verwaltungsgebäude hinter dem damaligen Rathaus errichten. Rive veranlasste die Erweiterung des vorhandenen Straßenbahnnetzes und baute im Süden Halles erstmals einen Omnibusbetrieb auf. Er förderte außerdem den Ausbau der Stadt Halle als Bildungs- und Kulturstadt und veranlasste zahlreiche Ankäufe für die Stadt, darunter die Burg Giebichenstein, den Reilsberg mit dem Zoologischen Garten, die Brandberge und die Dölauer Heide. Sein Amt als Oberbürgermeister übte Rive nach zweimaliger Wiederwahl bis zum 31. März 1933 aus. Für seine Verdienste um die Stadtentwicklung wurde Rive nach Ende seiner Amtszeit das Ehrenbürgerrecht der Stadt Halle verliehen.

ÜBRIGENS:
Im Rahmen der Kulturförderung Rives entstanden das Museum Moritzburg (1904) und das Landesmuseum für Vorgeschichte (1913).

Gustav Staude

Gustav Staude
Gustav Staude (Porträt aus dem Ratsalbum), Foto: Stadtarchiv Halle (Saale)

JURIST UND BÜRGERMEISTER

26. Juni 1843, Gut Wendorf  (Kreis Rügen) – 15. Februar 1909, Halle

Gustav Staude wurde auf Rügen geboren, legte in Putbus (Mecklenburg-Vorpommern) sein Abitur ab und studierte in Heidelberg und Berlin Jura. Er arbeitete zunächst als Gerichtsassessor (Richter auf Probe), wechselte Anfang März 1873 als Syndikus der Stadt Liegnitz erstmals in den Kommunaldienst und wurde 1874 Bürgermeister der heutigen westfälischen kreisfreien Stadt Hamm.

Im Jahr 1881 trat er die Stelle des zweiten Bürgermeisters der Stadt Halle an. Ein Jahr später übernahm er das Amt des Oberbürgermeisters. Halle entwickelte sich unter Staudes Amtszeit zu einer der wichtigsten mitteldeutschen industriellen Großstädte. Ihr Flächenareal vergrößerte sich von 1879 bis 1905 von 2.431 auf 4.040 Hektar, während sich im gleichen Zeitraum die Einwohnerzahl von rund 70.000 auf 169.828 mehr als verdoppelte.

Staudes Interesse galt besonders dem Ausbau des halleschen Verkehrsnetzes. An der Gründung der Halleschen Straßenbahn, der Erbauung der Stadtbahn, dem Ausbau des Hafens als Industriehafen, der Halle-Hettstedter Eisenbahn und der elektrischen Überlandbahn Halle-Merseburg war er maßgeblich beteiligt. In seine Amtszeit fallen außerdem der Aubau des Hallmarktviertels, der Bau der Gasanstalten auf den Pulverweiden, des städtischen Elektrizitätswerkes und des großen Stadttheaters (dem heutigen Opernhaus). 

Anerkennung für seine Verdienste erhielt er 1903 beim Besuch von Kaiser Wilhelm durch die Ernennung zum Geheimen Regierungsrat. Drei Jahre später verlieh ihm der Rat der Stadt Halle das Ehrenbürgerrecht. Gustav Staude starb 1909 und wurde auf dem Stadtgottesacker beigesetzt.

ÜBRIGENS: 
Im Rahmen des Projekts „Bildung im Vorübergehen“ versah die Bürgerstiftung Halle zu Staudes 100. Todestag im Stadtteil Silberhöhe die Gustav-Staude-Straße mit einem zusätzlichen Informationsschild. Gespendet wurde es von Staudes Nachfahren.

Agnes Gosche

Agnes Gosche
Agnes Gosche, Foto: Stadtarchiv Halle (Saale)

KUNSTHISTORIKERIN UND PHILOLOGIN

26. August 1857, Berlin – 14. März 1928, Halle

Agnes Gosche stammte aus einer Professorenfamilie des 19. Jahrhunderts. Sie absolvierte zunächst eine Höhere Töchterausbildung. 1875 legte sie das Lehrerinnen-Examen in Erfurt ab und war danach als Erzieherin und Privatlehrerin tätig. Im Jahr 1898 erwarb Gosche in Zürich den Doktortitel und gehörte damit zu den ersten promovierten Philologinnen in Deutschland. Für Halle wurde sie zu „Halles erster Fräulein Doktor“. Im Jahr 1900 gründete sie mit engagierten Mitstreiterinnen den Hallischen Frauenbildungsverein, dessen Ziel es war, Frauen zu bilden und sie über ihre Rechte aufzuklären. Diesen leitete Gosche 28 Jahre lang.

Von 1904 bis 1911 führte sie das von Henriette Goldschmidt gegründete Lyzeum für Damen in Leipzig und übernahm im Anschluss die Leitung der neu gegründeten Städtischen Frauenschule in Halle. Hier war es Frauen erstmals möglich, einen Berufsabschluss als Kindergärtnerin, Horterzieherin oder Jugendleiterin zu erwerben.

1908 gründete sie den ersten Volkskindergarten in Halle, zunächst in einer Wohnung in der Reilstraße 133, ab April 1912 unter dem Dach der Städtischen Frauenschule in der Burgstraße 45. Im Oktober des selben Jahres folgte dort die erste Kinderlesehalle.

Bei den Wahlen zur Weimarer Nationalversammlung kandidierte die politisch äußerst aktive Gosche 1919 für die Deutsche Demokratiche Partei.

Persönlich bedeutete ihre berufliche und politische Karriere den Verzicht auf Heirat und eigene Kinder. 

Nach ihrem Tod im Jahr 1928 wurde Agnes Gosche unter großer Anteilnahme der Öffentlichkeit auf dem Stadtgottesacker beigesetzt. Die Grabstelle Gosches wurde aufgrund ihrer Verdienste 2021 zum Ehrengrab erklärt.

ÜBRIGENS: 
Auf dem Grundstück Burgstraße 45, der Bethcke-Lehmann-Stiftung, befindet sich noch heute der Kindergarten, welcher jetzt zum Evangelischen Diakoniewerk gehört.

Arthur Epperlein

Porträt Arthur Epperlein
Porträt Arthur Epperlein, Foto: Stadtarchiv Halle (Saale)

KARIKATURIST UND MUSIKER

4. Juni 1919, Danzig – 29. Dezember 1995, Halle

Am Bücherregal vieler Hallenser findet man sie - die kleinen Bücher mit dem bunten Einband, gezeichnet vom halleschen Karikaturisten Arthur Epperlein, besser bekannt als Epper. 

Bereits in der Schule, die er 1938 mit dem Abitur abschloss, fiel die Begabung des kleinen Arthurs in den künstlerischen Fächern auf. Neben dem zeichnerischen Talent spielte auch die Musik eine große Rolle in seinem Leben und so legte Epperlein 1939 die Abschlussprüfung als Pianist ab und wurde Berufsmusiker. Außerdem begann er ein Studium an der Staatlichen Akademie für graphische Künste und Buchgewerbe in Leipzig, welches er als Diplomgrafiker abschloss. Nach dem Krieg arbeitete er als Pianist in verschiedenen Musikerensembles in Halle und verdiente sich mit kleinen Werbeaufträgen etwas dazu. Am 28. November 1953 erschienen die ersten Zeichnungen in der damaligen Freiheit (heute Mitteldeutsche Zeitung). Zunächst illustrierte er Leserbriefe, später folgten Karikaturen, die ihn unter dem Namen Epper bekannt machten. 

In den 1960er Jahren erschienen die ersten Epper-Bücher, die schnell zum Sammlerobjekt wurden. Die Leser liebten seine Karikaturen, in denen er oft den sozialistischen Alltag, die Menschen und ihre Schwächen auf die humoristische Schippe nahm.

1964 erhielt Epperlein den „Kunstpreis der Stadt Halle“ in Silber.

ÜBRIGENS:
Rüdiger Schneidewind, Inhaber der Firma Verlag & Verlagsservice Fa. Schneidewind, ansässig im Medizinerviertel, sorgt dafür, dass Eppers Werke nicht in Vergessenheit geraten. Das Stadtmuseum würdigte Epperlein anlässlich seines runden Geburtstags im Jahr 2019 mit einer Sonderausstellung „BITTE MAL LACHEN!“ – Arthur Epperlein zum 100. Geburtstag. Daneben bewahrt das hallesche Stadtarchiv eine große Sammlung von Epperwerken auf, die für die Öffentlichkeit zugänglich ist.